15. Juli 2011



14. Wandertag, Baamonde- Miraz, 15,1km

Wir stehen zwar nicht als Erster auf, aber gehen als Erster los, weil die Anderen noch fruehstuecken. Es ist noch ziemlich frueh und bitterkalt. In der Morgendaemmerung. Wir sind noch immer ueberladen von den guten Gefuehlen vom gestrigen Abend, von den vielen aufregenden Eindruecken und auch vom guten Essen. Wir waren beide beim Aufstehen optimistisch- oder besser sturkoepfig- und laufen beide nur in Tshirt und duennen Hemd los. Also muessen wir schnell laufen und ich beginne eine neue Arm-und Handbewegung in das Laufen einzubringen, damit mir waermer wird. Die andere Hand klemme ich mir zum waermen unter die Achsel. Wir gehen ganze 3km nur ueber die Strasse, links die Gleise der Eisenbahn und der Fluss und rechts die Autobahn, auf der die Autos wie wild durch den Nebel rasen. Wir laufen mitten durch und koennen den Unsinn kaum fassen. Nach 3km endlich geht es links ab ueber die Strasse und die Gleise und ueber eine alte Bruecke ueber den Fluss. Neben einer alten gotischen Kapelle aus dem 11 Jahrhundert, tauchen wir in den Wald ein. Die galizischen Waelder sind die Schoensten, die ich je gesehen habe. Sind urig und irgendwie gespenstisch. Ueberall haengen Flechten. Die Baeume stehen wild und geheimnissvoll, der Weg wird von grossen alten Granitplatten umrahmt. Es ist wie in einem Zauberwunderwald, maerchenhaft, und es wird bestaerkt, als wir spaeter erfahren, dass es hier noch Woelfe und Wildschweine gibt. Gelegentlich tauchen mitten im Wald einsame, graue Granithaeuser auf, manchmal sogar kleine Doerfer. Mitten im Wald ploetzlich ein Schild, dass auf einen Stuetzpunkt fuer Pilger hinweisst. Hier versucht eine nette freundliche Frau(siehe Fotopost) aus ihrem vaeterlichen Haus, eine Herberge aufzubauen. Wir betreten einen kleinen Raum mit 3 Tischen und Stuehlen, einem Tresen und einer kleinen Arbeitsecke. Trotz der Enge ist es unheimlich gemuetlich und wir fuehlen uns von der ersten Sekunde an geborgen und wohl. Die Frau bietet nicht nur Kaffee, Tee, Obst und Bocadillos, zu sehr billigen Preisen, sondern auch einen kostenlosen Internetzugang fuer Pilger an. Nachdem wir uns schon verabschiedet hatten und ein paar Meter gegangen waren, reisse ich mich los, renne zurueck und frage die nette Frau, ob ich ein Foto von ihr machen kann. Dieser schoene Platz entschaedigt uns etwas dafuer, dass die Herberge, die mit Massagen, Welness und Organic Food geworben hat, noch geschlossen war, als wir frueh morgens ankamen. Das Haus sah schoen aus und es waere bestimmt ein wunderbar erholsamer Tag geworden. Leider wurde daraus nichts. Im naechsten Dorf kommen wir an einem schoenen offenen Hoftor vorbei, aus dem sehr lebendig und wunderschoene kubanische Musik erklang. Wir riskieren einen Blick in den fremden Hof und sehen einen Mann der in gebueckter Haltung ueber einen flachen grauen Granitstein bearbeitet. Er winkt uns einzutreten und zeigt uns bereitwillig seine Arbeiten. Das ganze Haus ist eine Austellung von Skulpturen aus Granit, Obsidian, Mamor, Quarz, Bergkristall und Magnesit(wie mir Georg nachher erklaert). Mitten im Wohnraum steht eine schlanke Saeule auf der ich seinen Stammbaum erkennen kann. Georg spricht ganz begeistert und angeregt mit dem Mann, der Javier heisst und mir erlaubt Fotos von ihm zu machen. Wir haben dann Flaschen entdeckt, auf denen er mit einem Meisel, ohne sie zu zerbrechen,wunderbare Schriften, Muster und mystische Figuren gemeisselt hat, und ihn darauf angesprochen. Daraufhin nahm er eine leere Bierflasche, bat mich ihm meinen Namen aufzuschreiben und meiselte meinen Namen, das Datum von Heute und seinen Kuenstlernamen in die Flasche, waehrend er Georg immer wieder Rotwein eingoss und auch mir Fanta zum Trinken anbot. Wenn er sprach steckte immer ein Zigarettenstummel in seiner Zahnluecke. Die ganze Zeit unterhielten sich Georg und Javier schon sehr vertraut und angeregt auf spanisch ueber- wie mir schien- alles moegliche. Schliesslich erhielten wir noch einen Privatstempel von ihm in unserem Pilgerpass, dann lachte er schelmisch und siegelte seinen Stempel mit einem roten Wachssiegel. Der Abschied fiel uns richtig schwer. Bis zur Herberge sind es nur noch 2km, die Sonne scheint und wir sind voller Begeisterung ueber unsere heutigene Begegnungen. Als wir vor der Bar neben der Herberge ankommen, sitzen dort schon 5 andere Pilger in der Sonne, begruessen uns mit Ola und erklaeren dass die Herberge erst um 14.30Uhr oeffnet. Wir kennen sie alle aus Baamonde und es dauert nicht lange, da stoesst auch Joscha wieder zu uns. Als wir stolz auf unser Wachsiegel hinweisen wollen, stellt sich herraus, dass sie alle das selbe Siegel erhalten haben. Schlliesslich wir die Herberge geoeffnet. Sie wird von Englaedern gefuehrt und im Reisefuehrer als eine Kultherberge bezeichnet. Tatsaechlich gibt es 2 grosse helle Schlafraeume, einen riesigen Aufenthaltsraum mit einer super ausgestattet Kueche und sehr netten Hospitaleros. Zwar sind unsere Vorrate alle, doch einer der Hospitaerlos hat einen Vorrat in seinem Schlafzimmer gebunkert, von dem er uns sehr billig Reis, Oliven und Chilli con Carne aus der Dose verkauft. Damit mache ich unser erstes Abendessen. Zum Nachtisch gibt es den uebrig gebliebenen Reis mit Honig. Eine Kreation die Georg empfielht und die ich noch nie gegessen habe. Nach dem Essen faellt mir ein Hinweis aus dem RF ein, der eine schoene romantische alt Wassermuehle an einem nahegelegenen Fluss beschreibt, und so informieren wir uns bei der netten Hospitalera und finden tatsaechlich den schmalen Pfad durch den schoenen Wald zum Fluss. Leider ist der Weg mit Kuhscheisse gepflastert und die Muehle schon sehr zerfallen. Trotzdem kann ich ein paar schoenen Fotos machen, und auf dem Rueckweg geniessen wir die leandliche Abendstimmung. Die Luft ist voller Zirpen der Grillen und dem Duft von frisch  gemaehten Gras und die Abendsonne malt warme Streifenmuster mit den Schatten der Baeume auf die Strasse. Wir fuehlen uns rund herum wohl und sind gluecklich ueber einen so schoenen Tag.

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