19. Juli 2011

Labacolla, hier in den einst klaren schoenen Baechen wuschen sich die Pilger bevor sie nach Santiago einliefen.
:) 


"Die Menschenrechte sind nackt."
 18. Wandertag, Pedrouzo- Santiago, 21,2km

07.15 Uhr aufstehen, 07.40 Uhr fruehstueck, 08.00Uhr losgehen
Das Wetter ist unveraendert, es nieselt aber am Horizont scheint die SONNE.
Wir sind relativ gut drauf, uns trennen nur noch wenige Kilometer und mit jedem Schritt werden es weniger. Doch trotzdem wollen wir nur bis Monto do Gozo, Zeit schinden. Ich moechte dem Blog einen witzigen Beitrag leisten und habe mir ueberlegt die letzten 10km wie in einem Countdown einer tickenden Bombe herunterzaehlen zu lassen, in dem ich bei jedem geschafften Kilometer den Monolith mit der Kilometeranzeige und der Jakobsmuschel ablichte, doch der Pilgeransturm von letztem Jahr hat seine Spuren hinterlassen, und so ist jeder Pfeil vollgeschmiert, die Jakobsmuscheln haben Risse und die Kilometeranzeigen wurden herausgeschlagen. Es ist deprimierend. Unterwegs hoeren wir auf die Pilger zu zaehlen, die 70 vom gestriegen Tag haben uns so geschockt, dass wir jetzt die 100 und mehr fast verabscheuen, obwohl wir selbst dazu gehoeren. Wir gehen heute deutlich langsamer und ganz entspannt, wie auf einem Spaziergang und trotzdem ueberholen wir viele Menschen die humpelnd und schleichend sich zum Tor der Kathedrale in Santiago schleppen. Der Weg neigt sich dem Ende zu und dass merken wir stark. Die Anzahl der  Herbergen und Bars steigt stetig, waehrend die Abstaende zwischen ihnen sinken und so hat das ganze fuer mich nichts mehr mit Durchhalten und Pilgern zu tun. In den Bars sitzen immer mehr Pilger, die laut quatschen, essen und die Natur vollmuellen. Auf dem Weg verlangen immer mehr Radfahrer mithilfe lustiger Warngerauesche freie Fahrt von uns Pilgern. Die Menschen gruessen nicht mehr, waehrend die Werbung immer intensiver wird und als wir kurz vor dem Flughafen von Santiago, nocheinmal an der Strasse entlang und an drei Pilgern vorbei gehen, die sich ihre Regencapes anziehen, sagt Georg im Vorbeigehen zu diesen: Its not rain its just mist. Ich kann vor Verzweifelung nur noch lachen und die Ironie rettet uns vor schlechter Laune. In einer Bar, wollen wir eig. nur kurz noch einen 2. Tagesstempel abholen, als wir lauter glitzernde Punkte in dem Gestein des Raumes entdecken. Hier haben Pilger ihre Kupferpfennige hinterlassen und nach einem Kaffee hinterlassen auch wir einen Cent.  Georg hatte mir und den Daenen von dem Dorf Labarcolla erzaeht, wo die Pilger in dem Bach sich frueher wuschen, ehe sie nach Santiago einzugen. Doch aus den schoenen Fluessen aus Georgs Erzaehlungen sind zwei kleine zugewachsenen Baeche geworden. Ich mache trotzdem ein Foto, zur Dokumentation. Zwischen Flugplatz und Nationalstrasse geht es jetzt die letzten Kilometer nach Monto do Gozo auf einem kleinen Pfad, eingeklemmt. Oben angekommen werden wir ueberrascht von einem riesigen Denkmal auf dem "Berg der Freude". Es stammt von dem letzten Papstbesuch und ist aber inzwischen von den Pilgern schon stark abgenutzt. 2 sympatische junge Deutsche, mit denen wir kurz sprechen, machen ein Foto von uns und Georg versucht mir die Richtung zu zeigen in der wir eig. die Kathedrale sehen muessten, wenn man den Horizont nicht inzwischen durch Baeume zugepflanzt haette.
Ich lache verzweifelt, hier soll der Berg der Freude sein? Hier sind die Pilger damals in Traenen ausgebrochen? Ich hatte mir auf dem Weg vorgenommen, die letzten Kilometer von diesem Berg hinunter in die Stadt zu rennen. Ich hatte es mir alles ganz anders vorgestellt und kann nur noch lachen. Ich schlucke diese Enttaueschung hinunter und suche nach dem Positiven. Irgendetwas muss es doch gebracht haben, dass ich so weit gelaufen bin. Ich errinere mich an die Ueberschrift unserers Reisefuehrers, die ich am Anfang noch kitschig und uebertrieben empfunden hatte. Der Weg ist das Ziel, hiess es dort. Der Weg, nicht Santiago, nicht die Kathedrale, nicht der goldenen kalte heilige Jakob, nicht den Sinn des Lebens zu finden und auch nicht um weise nachhause zu kommen. Einfach um auf dem Weg zu sein, um zu laufen. Egal mit wem und wohin. Immer. Der Weg....

Wir beide- der Aelteste und die Juengste aus der Familie- wir haben es geschafft! Jawohl! 
Und in diesem Gefuehl sind wir uns einig, denn auch ich habe es ja auch nocheinmal geschafft- trotz der zunehmenden Hueftschmerzen in den letzten Tagen. Nun ist jetzt auch kein Halten mehr, Magoo will auf der Stelle jetzt die Kathedrale sehen. Da ist keine Rede mehr von einer Uebernachtung in Monto do Gozo, nichteinmal eine Pause kommt mehr in Frage. In uebermuetiger Stimmung rennen wir los, 4km vor dem endgueltigen Ziel werden wir doch jetzt nicht mehr stehen bleiben. Da stoert uns weder die Autobahn, noch die Eisenbahn, noch der Weg durch die langweilige Vorstadt. Wir haben  beide Hunger- macht nichts! Erst wollen wir die Kathedrale sehen, dann sind wir angekommen und koennen uns um den Rest kuemmern. 

Georgs Eintrag in sein Reisetagebuch vervollstaendigt meine Gedanken haargenau, und gleichzeitig in so einem anderen Gedankengang, dass ich finde es wichtig ist, in beide Koepfe von uns hineinzu schauen. Denn ich weiss, dass wir nicht ganz so schnell durch die Vorstadt "gerannt" sind, und das uns auf diesem Wege auch wieder mehere Pilger ueberholt haben, die vor Euphorie nur so brannten. Und ich weiss auch, wie oft ich dem Latte Macchiato mit Eis und Creme gedacht habe, der vorne am Stadteingang angepriesen wurde. Doch im Grunde war es genau so.

18.Juli 2011

17. Wandertag, Arzùa- Pedrouzo, 19,6km

06.30: Aufgestanden und Fruehstueck
07.15: Losgegangen, es nieselt und der Regen drueckt auf meine Laune. Wir wollen heute nur nach Santa Eirene, 16,6km, damit wir nicht zu frueh in Santiago ankommen. Ich habe heute absolut keine Lust und als Georg mich dann immer wieder versucht zu ueberreden Fotos zu machen, streiten wir uns fast zum ersten Mal, doch Georg ist erfahren und bricht ab. Der Weg ist nicht sehr interessant und so habe ich noch ein Argument gegen Fotos. Ausserdem ist die Strasse stark befahren und der Wegwechsel von dem Camino Norte auf den Camino Frances wirkt sich aus. Die Anzahl der Pilger nimmt immer mehr zu und es kommt mir wie eine Massenveranstaltung vor. Ich merke wie ich immer schlechtere Laune bekomme und das Gefuehl habe, der alte Grundgedanke dieses Weges ist nun voellig verloren gegangen. Mitten im Wald steht ein Bewegungsmelder, der als wir an ihm vorbei gehen mit einer voll automatischen Reklame fuer ein Hospital vollquatscht. Die 2 Daeneninnen die auf diesem Stueckchen ganz kurz mit uns gehen, zucken erschrocken zurueck und wir muessen lachen. Kurz dannach taucht ein sehr junger Junge am Strassenrand auf, der als fliegender Haendler versucht uns Jakobsmuscheln aus Plastik zu verkaufen. Er tut mir Leid, doch sehe ich keinen Grund eine Solche mitzunehmen. Nach 2 Stunden machen wir in einer gemuetlichen Bar in einem Dorf Pause, wo wir zwei junge Frauen aus Barcelona treffen. Georg fragt nach einem Stempel und unterhaelt sich mit dem sympatischen Wirt. Er beschwerte sich, wie mit Georg nachher erzaehtl, dass er fuer die Pilger extra schon um 06.00Uhr den Laden aufgemacht hat, bis 09.30Uhr allerdings niemand seinen Laden betreten haette. Die meisten wuerden vorbei gehen und ueberhaupt duerfte der Weg gar nicht mehr Camino Frances heissen sondern muesste Camino Aleman (Deutsch) unbenannt werden. Die meisten Pilger, kaemen mit Abstand aus Deutschland und als ich dies verstand konnte ich zustimment nicken. Spaeter in der Herberge erklaert uns der Wirt, dass die Zahl der Pilger in diesem Jahr stark gesunken sei, wofuer er die Wirtschaftskriese verantwortlich machte. Um 11.40Uhr kommen wir an der Herberge von Santa Eirene- Georg erinnert sich in dieser Herberge mal uebernachtet zu haben und erzaehtl von einem franzoesischen Philosophen, der beim Versuch ueber den Bach zu springen, ausgerutscht ist und dem Georg einen trockenen Schlafanzug geliehen hat- der Philosoph bedankte sich mit einer Rezidation im Schlafanzug im Yogasitzt sitzend von alt franzoesischen Prosatexten. Die Herberge ist geschlossen und es gibt keinen Hinweis, wann sie wieder oeffnet. Doch wir sind auch viel zu frueh und so beschliessen wir nach einer Weile, weiterzu gehen. Wir ueberlegen, wo wir hin gehen koennten um nicht noch frueher anzukommen. Ich habe Bauchschmerzen und keine grosse Lust mehr. Der Sinn und das Abenteuer, ist fuer mich ganz verloren. Als wir in Pedrouzo, einer grauen verregneten Stadt mal wieder die Strasse ueberqueren muessen, sehen wir direkt vor dem Ortsschild eine Herberge und beschliessen dort zu bleiben. Wir sind natuerlich die Ersten und koennen uns das Bett aussuchen. Die Herberge ist neu renoviert, hat ca. 20 Betten in einem Raum mit komischen Licht. Die Sanitaeranlagen sind aber  ganz sauber und es gibt 2 PC`s mit Internetanschluss. Ausserdem ist keine 4 Schritte nebenan ein Restaurant in dem wir zur Staerkung erst einmal eine typische Kohlsuppe essen. Schon in der Herberge stehen 2 Rucksaecke, die von einem Taxi abgeliefert worden sind und nebenan in dem Restaurante in dem wir essen, zaehlt Georg empoert 15 Rucksaecke und erklaert, dass diese Pilgern gehoeren, die ihr Gepaeckt nicht tragen, sondern mit dem Taxi fahren lassen! Der restliche Tag ist nicht weiter erwaehnenswert. Georg loest Soduko und ich schreibe mein Reisetagebuch, als wir ueberraschend Joscha sehen, der gerade durch die Tuer kommt. Bis zum Abendessen aendert sich die Situation nicht gross. Das Abendessen wird beendet mit einem Gespraech zwischen Georg und Joscha ueber Schnaps, Wein und Sherry. So fragt Joscha nocheinmal nebenan bei den 5 Spaniern nach und die beiden bestellen einen spezifisch galizischen Schnaps. Orujo. Ich probiere auch einen Schluck und so gehen wir mit einem warmen Bauch und einem prickelden Kopf frueh ins Bett.

14. Juli 2011






13. Wandertag, Vilalba-Baamonde,22km

Wir sind beide schwer hochgekommen und immer noch muede. Dann haben wir uns ueber eine voellig unnuetze Fussgaengerbruecke und dann durch einen Waldweg parallel zur Hauptstrasse geschlage und so den Weg durch die Stadt vermieden. Zuerst mussten wir bergab und auf einer schoenen alten Bruecke den Fluss ueberqueren. Dannach werden wir von einigen Radfahrern ueberholt, die ich aber nicht beneide, auf diesem steinigen, engen und steilen Pfaden fahren zu muessen. Nach einem kurzen Anstieg fuerht der Weg mitten ueber einen alten Bauernhof, der idllisch zwischen Autobahn und Nationalstrasse liegt. Die Baeurin laeuft gerade mit einem Eimer ueber den Hof um ihre freilaufenden Huehner zu fuettern. Von hier an bis Baamonde geht es nur noch bergab. Der Weg schlaengelt sich leichtfuessig durch Waelder, vorbei an Feldern und winzigen Ortschaften, durch dunkele Hohlwege und ueber kleine Straesschen. Um die Hohlwege fuer Pilger wieder begehbar zu machen, werden riesige Maschienen eingesetzt die an den Hecken entlang fahren und mit grossen Messern brutal & ruecksichtslos alles zurechtstutzen und abreissen. Immer wieder treffen die Waldwege auf Baeche und kleine Fluesschen die auf alten Roemerbruecken oder nur auf grossen Steinen ueberquert werden. Die Galizische Bauart praegt die Landschaft: Alle Wege sind von riesigen Granitplatten gesaeumt. An einem verlassenen Bauernhof lehnt ein halb zerfallener Schuppen, dessen Waende aus riesigen Granit-und Schieferplatten bestehen. Gegen 11.00Uhr treffen wir auf eine kleine Bar, in der wir Kaffee trinken und im RF nachsehen wie weit wir noch zu laufen haben. Es sind zwar nur noch 10km, aber die muessen insgesamt 4mal die Autobahn unterqueren. Die erste Unterquerung war gar nicht so schlimm, aber die 2te war wie eine riesige ungeheure Metallschlucht, die hoch in die Luft ragte und uns die Sicht auf die ueber uns vorbeirasenden Autos freigab- gruselig! Dannach trafen wir auf ein Kilometerstein mit der Anzeige 111,111km bis Santiago de Compostela. Der Rest des Weges war abwechslungsreich, wechselt zwischen dunkelen und hellen Waldwegen, zwischen Hohlwegen und lichten Feldwegen und meist parallel zur N643. Von einem Dorf zum anderen, dem Ziel entgegen. Ueber ein paar komische ZickZackWege durch die Vorstadt und nachdem wir noch einmal die verkehrsreiche N634 ueberquert haben, stehen wir genau vor der Herberge. Sie ist ein modernes Gebaeude mit Garten. In der unteren Etage gibt es einen riesig grossen Aufenthaltsraum, 2 Toilletten und Duschen und 2 Schlafraeume, wie eine Treppe nach oben. Oben direkt unter dem Spitzdach stehen die 94 Betten. Nachdem Ausruhen erinnere ich mich an Joscha`s Empfehlung und wir gehen mit ihm und zusammen mit einer Australierin namens Kate in die Bar Galicia um zu Abend zu essen. Der Besitzer ist ein alter weisshaariger galizischer Dichter, der Kate offenbar kennt und uns ein sehr leckeres Menue fuer ein 9,50€ anbietet.


1. Gang: Kohlbruehe fuer Georg und Nudelsalat fuer mich


2. Gang: Eine riesige Tortillia fuer uns beide
Nachtisch: eine Melone fuer mich und einen Pudding fuer Georg

Georg hat mal wieder Maerchen erzaehlt, die ich zwar schon gehoert hatte, aber noch nie auf englisch. Aber die ich mit etwas Aufmerksamkeit problemlos verstehen konnte. Insgesamt war der Abend sehr interessant und am Schluss hat ein Mitpilger noch ein Gruppenfoto von uns gemacht, und der alte Dichter bestand auf das Versprechen von uns, im naechsten Jahr wiederzukommen. So sind wir erst spaet und als vorletzte ins Bett gekommen. Weil es eig. ganz warm war, und ich keine Lust hatte meinen Schlafsack auszupacken, bin ich nur in ds Inlet geklettert und habe dann die ganze Nacht gefroren und hatte auch wieder seltsame Traeume.

13. Juli 2011







12. Wandertag, Gontàn- Vilalba, 19,8km

Morgens lag ich mal wieder eine Weile wach im Bett, konnte aber auch nicht wieder einschlafen. Aber als das Aufstehen dann um 07.00Uhr Tatsache wurde, war ich auf einmal doch wieder ganz muede und haette sofort wieder weiterschlafen koennen. Dank Socken, Strumpfhose, Top, Hemd, Boxershorts, Inlet, Schlafsack und Wolldecke war mir aber nicht kalt gewesen und ich konnte, nachdem ich den unkontrollierten Gedankenstrom nicht stoppen konnte, der das Einschlafen bis um 02.00Uhr nachts, verhindert hat, eig. gut schlafen. Georg hatte es leider nicht so warm, wie er mir heute seine etwas schlechte Laune erklaerte. Er hatte die ganze Nacht gefroren und bis 02.00Uhr noch heftige Kniebaeugen und Yogauebungen gemacht um sich warm zu halten. Wir haben uns Zeit gelassen, denn der Blick nach draussen hat uns nicht gerade motiviert und zu beeilen und los zu wandern. So sind wir erst um 08.25Uhr aus der Tuer der Herberge getreten um dann bevor es wirklich in dem Regen los gehen sollte, noch schnell einen Fruehstueckskaffee zu trinken. Ich war irgendwie dann doch noch ein bisschen muede und nicht so fit. Auch Georg ging es nicht so besonders gut. So haben wir erst ein bisschen rumgemeckert(Anmerkung von Magoo, am 18.07.2011: das kann er naehmlich sehr gut) bis es Georg besser ging und wir mit dem Geschichtsunterricht weiter machen konnten. Dann erzaehlte mir Georg von dem Kampf an der Bruecke bei Remagen, von den Amerikanern und Russen im 2. Weltkrieg, von Walter Ulbricht, der einen komplett kommunistischen Staat aufbauen wollte, von Willi Brandt und Helmut Schmidt, von Adenauer und Helmut Kohl, von der DDR und der BRD und von der Studentenbewegung. Dannach erzaehlte er aus seinem Leben, als junger Prof. und seinem Studium, als er Gertraud(meine Grossmutter) kennenlernte, und so kamen wir zur Geburt der 4 Kinder und deren Partnerwahl. Obwohl das alles ganz interessant war, ging es mir unterwegs nicht wirklich gut. Immerhin bestand unser Fruehstueck nur aus einem Apfel und einem Kaffe. Kein Wunder, dass ich total schlapp war und mit schwindelig wurde, so dass wir nur langsam vorran kamen. Georg schenkt mir seinen letzten Mueslieriegel um meinen Blutzucker ein wenig aufzuputschen, doch viel half das auch nicht.  Im naechsten Dorf fragten wir auf einem Bauernhof nach einem Schluck Wasser, den uns die Bauersfrau aus einem Brunnen neben ihrem Haus holte. Dieses Erste und total frische Wasser direkt aus einem spanischen Brunnen schmeckte koestlich. Nach der Ankunft und dem Auspacken in der Stadt finden wir endlich einen Computerladen, wo man uns tatsaechlich die externe Festplatte mit 500GB fuer 69€ und eine 2te Speicherkarte mit 8GB fuer 15€ verkauft. Nur die Suche nach dem Internetanschluss verlaueft vergeblich. Beide Laeden auf die man uns verweist, haben aufgegegen. "Naja", heisst es, "inzwischen hat doch jeder einen eigenen Anschluss zuhause!"- und das in Spanien! Die letzte moegliche Adresse, die Ortsbibliothek von Vilalba, testen wir nicht mehr aus. Sie liegt am entgegengesetzen Ortsausgang. Magoo findet aber wohl noch ihre Postkarten und Briefmarken. In dem Laden singt uns der weisshaarige Besitzer die galizische Sankt Jakobus Hymne vor. Magoo ist ganz begeistert. Abends goennen wir uns ein gutes Abendessen(Anmerkung von Magoo: Dabei stoesst Joscha wieder zu uns, und ein weiterer schoener Maerchenabend beginnt!) und gehen frueh ins Bett. Wir wollen uns beide gut erholen, denn morgen geht es ueber 22km. Hoffentlich regnet es nicht.

09. Juli 2011

8. Wandertag: Tapia de Casariego- Ribadeo, 13,7km

Eine ziemlich ereignisslose Etappe mit einem langweiligen Weg, auf dem Nichts passiert. Auch die Landschaft ist langweilig, trotz des Kuestenweges. Wir sind wegen des Regens spaeter aufgestanden und brauchen auch laenger um unsere Rucksaecke regensicher zu machen. Ich beschliesse Barfuss in den Sandalen zu gehen, damit meine Schuhe trocken bleiben, worueber Georg ganz erstaunt ist. Wider Erwarten regnet es nicht stark, es nieselt nur. Zusammen mit der Waerme ergibt dies aber eine etwas schwuele Luft. Georg hat sich ein Cape uebergezogen, und schwitzt darunter so heftig, dass er am Ende trotz des Capes nasser ist als ich ohne. Unterwegs auf dem Kuestenweg treffen wir auf 2 Bars die aber beide geschlossen sind. Ich habe Kopfschmerzen. Erst als uns der Weg direkt an der Kueste entlangfuehrt, und die Sicht auf das blaue Meer und die kreischenden Moeven frei wird, geht es mit besser. Ein paar Mal finden wir die Pfeile nicht- oder sie sind gar nicht markiert worden-, aber wir finden immer jemanden, den Georg fragen kann. Nach einer weiteren langweiligen Strecke, ueber eine lange Asphaltpiste, kommen wir endlich an der riesigen 800m langen Bruecke ueber den Ribadeo an, hinter der unsere Herberge auf der anderen Seite in spektaktlaerer Hoehe stehen soll. Es ist die Autobahnbruecke die in fast 100m Hoehe ueber den Fluss fuehrt. In der Mitte der Bruecke kommen mir apokalyptische Gedanken und ich gehe schneller. Der Fluss ist breit, tief und dunkel. Die starke Stroemung laesst ihn wild und unberechenbar erscheinen. Die Fussgaenger laufen wie in einem vergitterten Kaefig immer rechts neben der Autospur her. Georg freut sich schon auf die Herberge, weil ich heute unbedingt etwas kochen will. Ich habe Lust auf Reis oder Couscous, aber keine Lust auf das fettige spanische Abendessen und die "Kartoffeln" die es hier nur in Pommesform gibt. Dann die grosse Enttaeuschung, die Herberge ist zwar offen, aber schmutzig und unaufgeraeumt. Die Kueche ist verdreckt und voller Abfaelle. Wir sehen uns an und wissen sofort: Hier wollen wir nicht bleiben! Am schwarzen Brett finden wir die Anzeige einer Pension, ganz in der Naehe. Dort werden wir unsere nassen Sachen auf jeden Fall schneller trockenen und vllt. sogar waschen koennen. Ausserdem brauchen wir mal wieder eine schnarchlose Nacht- also nur mit Georgs Schnarcherei, die ich mit Oropax aber gut ueberhoeren kann. Nach 15min erreichen wir das Hostal Galicia, erhalten ein gutes Zimmer und tatsaechlich wird unsere Waesche gewaschen. Soweit die guten Sachen. Jetzt die unangenehmen. Zuerst vermisse ich meine Regenjacke und stuerze damit ungwollt alle Anwesenden in eine wilde Sucherei, bis ich die Jacke im eigenen Rucksack wiederfinde. Dann gehen wir los um die Festplatte zu kaufen, fuer die wir von einer Frau in Mondoñedo die Adresse bekommen hatten, mit der wir endlich unsere Speicherplatzprobleme loesen wollen. Aber der Laden hat seit 13.00Uhr geschlossen, also werde ich heute ueberhaupt keine Fotos mehr hochladen koennen, meine Speicherkarte bleibt voll, und ich kann auch keine neuen Fotos mehr machen. Aber das Schlimmste ist: Morgen ist Sonntag!!! Also sind morgen alle Geschaefte zu: der PC -Shop, der Laden mit dem wundervollen Schmuck, aber auch die Supermaerkte. Das heisst, dass wir bis Montag mit unserem Mueslie auskommen muessen. Also schlage ich vor, heute lieber zum Essen zu gehen und am Muesli zu sparen (Mueslie wird hier uebrigens wirklich MUESLIE ausgesprochen, weil man hier keine Umlaute kennt). Aber schon erreicht uns die naechste Ueberraschung: Samstags gibt es in Ribadeo kein Abendesen. Zwar finden wir eine Bar, in der es etwas zu Essen geben soll und in der wir noch 3Stunden bis 20.30Uhr bei einem mit unertraeglicher Lautstaerke laufenden Fernseher warten. Aber als der Koch dann endlich kommt, erklaert er uns, dass es kein preisguenstiges Menue gibt, sondern "nur" Portionen, die um einiges teuerer sind. Mir reicht es in dieser Stadt, die die Erste in Galizien ist. Jetzt will ich wirklich nur noch ins Bett.

12. Juli 2011

11. Wandertag, Mondoñeda- Gontàn, 16,7km

Wir hatten am Vorabend wegen des bevorstehenden Regens entschieden, heute spaeter aufzustehen. Auch wollten wir in dem PC Shop nocheinmal wegen einer Festplatte nachfragen. Als ich dann um 06.30Uhr wach werde, regnet es in Stroemen. Alle Mitpilger schlafen noch, aber ich kann einfach nicht mehr einschlafen. Weil es Georg aehnlich geht, stehen wir dann doch auf und gehen zum PC Shop. Doch dieser hat immer noch geschlossen. Nachdem wir in einer Bar einen Kaffee getrunken und uns ein grosss Croissont geteilt haben, wollen wir schon losgehen, als wir ploetzlich bemerken, dass wir alle Beide unsere Gehstoecke vergessen haben. Also gehen wir zurueck zur Herberge und unser Start beginnt von vorne. Ich habe absolut keine Lust auf den Regen, aber Georg sagt: Heute ist ein Tag zum durchhalten!  Vom Ortssausgang an geht es auf einer Asphaltstrasse ganze 8km lang nur bergauf.  In einen eig. ganz schoenes Tal, dass bei freier Sicht bestimmt sehr interessant gewesen waere. Doch je hoeher wir kommen, desto mehr umhuellen uns die Wolken und alles ist voller grauer Schleier. Die Doerfer an denen wir vorbei kommen, bestehen nur aus wenigen Haeusern oder auch nur aus einem einzigen Bauernhof. Es regnet und regnet und alles ist triefnass. Nach 2einhalb Stunden erreichen wir das Ende des Tals und hier beginnt erst die richtige Steigung! Sie ist zwar nicht lang, ist aber der steilste Anstieg, den wir bisher erlebt haben. Oben angekommen stossen wir wieder auf die Autobahn, die uns in einem Umweg auf die N634 zwingt. Ab hier fange ich wieder an zu rennen. Ich habe absolut keine Lust mehr und will nur noch in mein Bett in Berlin. Kurz vor Gontàn sind wir beide so fertig, dass wir eine kleine Pause machen und wunderbar frische Tortilla essen, die nur fuer uns gemacht worden ist. Georg wechselt seine Socken, die trotz seiner Klebebandkonstruktion um seine Schuhe, nass geworden sind. Eine halbe Stunde spaeter sind wir dann in der Herberge. Sie ist neu schoen und sauber. Der Hospitalero bietet uns sogar seinen Laptop an und so beginne ich sofort einige Fotos hochzuladen, doch das dauert. Waehrend unsere Mitpilger in der Kueche lecker duftende Speisen zubereiten, begnuegen Georg und ich uns mit Naturjogurt und Muesli. Gleich dannach gehen wir ins Bett damit wir die morgige lange, wenn auch flache Etappe gut schaffen. Immerhin, dies war unser erste richtige Regenetappe!

11. Juli 2011

10. Wandertag, Gondàn-Mondoñedo, 16,4km

Wir haben Zeit, also stehen wir heute erst jetzt um 06.30Uhr auf, obwohl mein Koerper automatisch schon um 06.00Uhr aufgewacht ist. Ich habe noch eine Weile aus dem Fenster den weidenen Kuehen zugesehen und bin dabei nocheinmal eingeschlafen. Aber insgesamt habe ich eig. schon seit langen ziemlich gut geschlafen. Als Georg sich endlich in dem Bett unter mir rueht und wir beide beschliessen aufzustehen, sind die Skandinavier schon fast weg und auch die Italiener kurz vor dem Aufbruch. Nur die beiden Deutschen, die heute eine Etappe von ueber 30km laufen wollten, liegen noch in ihren Betten. Als wir um 07.15Uhr schliesslich losgehen ist das Wetter diesig und bewoelkt. Vorsichtshalber habe ich meine Kamera, mit der ich im Moment sowieso keine Fotos machen kann, in der Plastiktuete gelassen und auch die Regenjacke greifbar verpackt. Georg gibt mir zum Fruehstueck das letzte Stueckchen Brot und eine kanarische Banane, die im matschigen Zustand-laut Georg- am Besten schmeckt. Ich lutsche das Bananenmus beim gehen. Da kommt uns der Schwede, der kleinste der Skandinavier, ploetzlich wieder entgegen, weil er sein Tshirt auf der Waescheleine vergessen hat. Georg beschreibt das Wetter personifizierend: es ist unentschieden und ueberlegt ob und wann und wie viel es regnen will und erklaert so diesen grau bewoelkten Himmel der uns seit Tagen ueberdacht. Wir gehen ziemlich langsam, trotzdem hat Georg mit seinem Ruecken bei den ersten Aufstiegen ziemliche Probleme. Insgesamt war der eg gepraegt von flacher Landschaft mit Kuhweiden und vielen kleinen Doerfern, die mir grau und trostlos erschienen- viele Haeuser waren verfallen oder verlassen. In einem Dorf mussten wir den Bach ueber eine provisorische Bruecke ueberqueren weil die alte kaputt und durch Bauarbeiten blockiert war. In Louzana fuehrt der Weg mitten durch die Stadt, durch schmale Gassen, ueber eine kleine steile Treppe und verschwindet dann im Wald wie in einem richtigen Mauseloch. Die Stadt gefaellt mir ueberhaupt nicht. Alles ist grau und heruntergekommen. Wir machen trotzdem kurz Pause und nehmen unseren Fruehstueckskaffe in einer Bar, die uns einen Stempel verspricht. Hinter dem Tresen steht ein Junge mit einsamen und gelangweilten Augen. Es ist erst kurz nach 09.00Uhr, aber der Fernseher laeuft schon. Ehe wir die Stadt durch das Maeuseloch verlassen, ueberqueren wir auf einer, mit vielen kleinen runden Steinen geflasterten Spitzbruecke den Fluss. Eine alte romanische Bruecke- wie mir Georg begeistert erzaehlt. Dannach beginnt ein anstrengender Anstieg ueber wenigstens 2km durch einen schoenen Eukalyptuswald. Es wird immer waermer. Die Sonne scheint nicht, trotzdem schwitze ich, und Georg und ich sind beide leicht gereizt. Endlich oben, folgt der unvermeidliche eben so lange Abstieg, der zwar nicht anstrengender fuer meine Fuesse, aber umso schmerzlicher fuer meine Zehen ist. Der Weg fuehrt ziemlich abenteuerlich ueber kleine Wege, die sich bei Regen in kaum passierbare Baeche verwandelt haetten. Schliesslich erreichen wir einen Waldweg, der beruhigend schoen ist und uns zu einem Dorf und mitten durch einen Bauernhof hindurch fuehrt. Auf der anderen Seite des Hofes entdecken wir mehere grosse Buesche mit wundervoll kraeftig gefaerbten Fuchsienblueten. Georg zeigt mir die Trockenhaeuser in Galizien, die sich hier Hórreos nennen, die anders als die Quadratischen in Asturien, langgezogen sind und in denen der Mais getrocknet wird. Wir durchqueren ein zweites Doerfchen, das noch verlassenen wirkt und halten auf einem kleinen Huegel. Hinter einer schoenen Kirche sehen wir bereits Mondoñedo, aber es dauert noch eine knappe Stunde, bis wir unsere Herberge erreichen. Den Schluessel muessen wir bei der Polizei abholen und als Pfand meinen Pilgerpass zurueck lassen. Die Herberge liegt direkt neben dem Gericht und ist super sauber. Wir sind wieder die Ersten und gehen als erstes in die Duschanlagen um unseren staubigen Schweiss abzuwaschen. Erst knapp 2Stunden spaeter kommt das aeltere italienische Paar an, das schon vor uns losgegangen war, und noch etwas spaeter trifft der deutsche Junge ein, mit dem wir in Piñera zu Abend gegessen hatten. Wir beschliessen uns die Stadt anzusehen und gehen durch die engen Gassen der Altstadt hinunter zu der beeindruckenden Kathedrale. Doch es ist noch Siesta und so warten wir bei einem Kaffee bis die Zeit vergeht. Uns fallen die vielen offenbar arbeitslosen jungen Maenner auf, die auf dem Platz herumsitzen und sich auf galizisch unterhalten- selbst Georg versteht kein Wort. Weil ich Lust auf ein Stueck Kuchen habe, gehen wir in eine Cafeteria und nehmen zum Kaffee eine Tarta Mondoñedo fuer- 8,40€!!!. Vor lauter Entruestung ueber diesen Preis, vergisst Georg beinahe seinen Regenschirm. Endlich oeffnet die Kathedrale. Sie ist dunkel bis finster, mit schlitzartigen Schiessschartenfenstern, aber mit einem schoenen runden Fenster mit bunt bemaltem Gras. Magoo experimentiert mit der Leistungsfaehigkeit ihrer Kamera und schafft trotz Dunkelheit absolut verblueffende Bilder. Ansonsten gibt es fuer den restlichen Tag nichts, was ich erwaehnen wollen wuerde.